Freies Institut für Bildung e.V.
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Leitbild
2010/05
Bildung ist Verkörperung

Das Freie Institut für Bildung steht in der Tradition eines selbstbestimmten, freiheitlichen und der Reflexion individueller und gesellschaftlicher Erfahrungen verpflichteten Bildungsverständnisses. Dazu gehören die gleichberechtigte Gemeinschaft aller am Bildungsprozess Beteiligten, die selbstbestimmte Wahl und Erarbeitung von Themen und Projekten, eine ergebnisoffene Kommunikationskultur und die kritische Reflexion von Wissenschaft, Kunst und Alltag.

In diesem Sinne strebt das Freie Institut für Bildung eine Alternative zur gegenwärtigen, von Verschulung, Bürokratie und Verwertungsinteressen geprägten Universitätsbetriebs an. Das Institut richtet sich an alle, denen an einer Reflexion der Wirklichkeit, in der sie leben, gelegen ist. Beispielsweise sollen SchülerInnen und Studierende, die Interesse und Kapazität haben, mehr als berufsorientierten Wissens- und Methodenerwerb zu betreiben, durch das Institut Freiräume eröffnet bekommen, in denen sie ihre Kreativität entfalten können.

Jedes Bild im Fernsehen, auf dem Monitor löscht das vorhergehende aus – 50 bis 100 Mal pro Sekunde. Unsere Vorstellung von Bildung gleicht sich diesem Wechsel der Bilder immer stärker an: Wissenskleckse in Schulungen, Trainings, Seminaren, Modulen aneinandergeklatscht – zweidimensional wie die Welt im Atlas. Auch ein Bild auf Leinwand, ein Graffiti an der Mauer können übermalt werden. Doch das darunterliegende Bild wird durch das neue nicht ausgelöscht. Nicht nur, weil es wieder zum Vorschein kommt, wenn die Farbe blättert, sondern weil das Alte dem Neuen Strukturen aufprägt: Farbnuancen, Konturen, Schatten. Bildung ist dreidimensional, braucht Körper. Sie ist kein Neben- sondern ein Übereinander, ein Prozess der Schichtung.

Ich halte einen Stein in der Linken, während die rechte Hand zeichnet, was die andere ertastet. Was ich zeichne ist nicht der Stein, sondern die Verbindung meiner Hand mit ihm, der Stein, der durch meinen Körper hindurchgegangen ist. Seine Strukturen hängen sich in mir fest. Diesen Stein werde ich nicht vergessen. Bildung braucht den Körper. Sie ist ein Prozess, in dem das oder der Andere seine Strukturen in ihn einprägt.

Einem Text eine Stimme geben, einem Ton ein Gesicht, eine Diskussion zeichnen, einen Gedanken spielen, ein Bild verfilmen – diese Übersetzungen von einem Medium ins andere, von einem Sinn in den anderen gehen durch die Körper der Übersetzer hindurch. Sie bilden einen Körper, den man anfassen, abklopfen, begreifen kann. Wenn man hineinfragt, gibt es ein Echo.



Erste Überlegungen, die während unserer Arbeit am Theaterprojekt zu Philippe Malones "Das Gespräch" entstanden sind
2010/10

Einen Text sprechen. Einen Text laut sprechen, ihn zum Bestandteil des eigenen Körpers machen.

Theater – einen Text gemeinsam verkörpern. Man versteht etwas, das man nicht versteht, wenn man nur über einen Text, über etwas spricht. Oder anders, ein anderes Verstehen, anderswo, irgendwo zwischen Rückenmark und Gehirn. Ein gemeinsames Verstehen, ein Verstehen, das Gemeinschaft produziert, ist hier entstanden.

Es gibt kein Verstehen, ohne dass man mit seinem Gegenstand identisch würde, liebend oder hassend in ihn verstrickt. Widersprüche oder ambivalente Gefühle dem Gegenstand gegenüber werden deutlich, noch bevor man es benennen kann – man kann etwas nicht eindeutig in Szene setzen, findet seine eigene Art, seine eigene Position nicht, die notwendig ist, um eine Rolle auf der Bühne auszufüllen. Es ist eine neue Form der Auseinandersetzung mit einer Thematik vor einem ganz individuellen und gruppenspezifischen Hintergrund, bei dem es gerade nicht darum geht die Objektivität zu wahren – eine neue Form des Verstehens, ein sich Aneignen und Durchdringen.

Eine Glückserfahrung jedenfalls, die sich der gemeinsamen Arbeit erschloss und damit ein Stück weit die zerstörten Arbeitsverhältnisse reparierte, von denen Malones Stück spricht. Das »Theater« ist der Gegenentwurf – ein Gegenentwurf zu den Bedingungen, unter denen heute gearbeitet wird und die weithin die Herstellung von Gesellschaft im eigentlichen Sinn verhindern.

Für das Bildungskonzept unseres Instituts ergibt sich aus dieser Erfahrung zweierlei:

         (1) Wir betonen den offenen, unreglementierten Charakter der Bildungsprozesse, die wir initiieren wollen. Das ist richtig. Gleichzeitig haben wir gesehen, dass diese Bildungsprozesse gleichgültig zu werden drohen, wenn nicht etwas produziert wird. Sie müssen, um die an ihnen Beteiligten zu befriedigen, sich stationär verkörpern, aus dem unbegrenzten Gespräch in die begrenzte Wirklichkeit hinaustreten. Der kontinuierliche Prozess gemeinsamer Arbeit soll dadurch nicht abreißen, er soll geschärft werden.

         (2) Theater, die Versinnlichung des Sinns, seine leibliche Erzeugung in der lauten öffentlichen Rede, sollte zum festen Bestandteil des Konzepts werden. Was Theater im jeweiligen Fall sein kann, ist dabei nicht festgelegt. Auch das Hörspiel und der Film sind Theater, wenn sie Sprache verkörpern. Die Idee, das Prinzip Lesekreis öffentlich zu machen, muss sich in diesem Punkt radikalisieren. Die Verfremdung, die immer dann entsteht, wenn die unendliche (Lebens-)Geschichte des Gesprächs sich zum Werk verdichtet, wird dabei durch den Zugewinn an Verbindlichkeit in der Sache aufgewogen.


 

Gründung
2010/04

 

Der Verein Freies Institut für Bildung e.V. wurde im April 2010 in Chemnitz gegründet.


 

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Freies Institut für Bildung e.V.
Das Freie Institut für Bildung e.V. ist ein eingetragener Verein. Amtsgericht Chemnitz VR 2431. Der Verein wird vertreten durch den Vorstand.

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